Im Jahr 2000 wurde der Neubau der BAUAkademie Kärnten als Ausbildungszentrum eröffnet. Damit war der bauliche Rahmen für den Aufbruch ins 21. Jahrhundert gelegt. Neben diesem materiellen Fundament war es einem kleinen Kreis von Bauleuten klar, dass es auch ein immaterielles Fundament braucht. Bauen ist mehr als das Aneinanderfügen von Stein, Stahl und Beton. Bauen ist ein gemeinschaftlicher Akt in offenem Raum. Funktionieren ist mehr als das Einhalten von Kostenzielen. Bauen mit Anspruch ist ein sozialer Akt einer Gemeinschaft zum Wohle der Gesellschaft unter Wahrung des Werts und der Würde der Natur.
Bauhütten entstanden im Mittelalter. Bei den großen Baustellen der gotischen Kathedralen fanden sich Werkleute und Meister zusammen. Sie bauten oft über Jahrzehnte oder Jahrhunderte jene Bauwerke, deren Kunstfertigkeit und Schönheit bis heute beeindrucken. Ihr Wissen und ihre Erfahrung gaben die Bauleute in den Bauhütten weiter. Um vom Lehrling über den Gesellen zum Meister aufzusteigen, brauchte es Ausdauer, Fleiß und Beständigkeit. Mit dem Lernen und Lehren bildeten sich Riten und Bräuche heraus. Als mobile Handwerker wurden die mittelalterlichen Bauleute zu gefragten Spezialisten für die Lösung von baulichen Aufgaben, Problemen und Herausforderungen.
Die Kärntner Bauhütte orientierte sich an den mittelalterlichen Bauhütten und deren Organisation. An der Spitze steht der Fundator, der Gründer, der die sinnstiftende Idee repräsentiert. Ihm zur Seite steht der Aedificator, der als Baustratege das große Ganze im Blick behält. Der Magister Operis ist als Werkmeister hauptverantwortlich für die Umsetzung. Doch wie ihre historischen Vorbilder sehen die modernen Bauhüttenvertreter ihr Wirken als Ausdruck einer Schicksalsgemeinschaft.
Das Bauhüttenzeichen besteht aus sechs gleich langen Strecken, die sich nach den Gesetzen der Triangulatur zu einem Symbol fügen. Das zentrale Dreieck drückt Stabilität im Wollen, Bestimmtheit im Handeln und Sicherheit im Werke aus. Die drei losen Enden können als Zeiger in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gelten. Sie treffen sich räumlich in der vollkommenen Form des Tetraeders. Die vier im Zeichen entstehenden Flächen – sie stehen für Sicherheit, Vertrauen, Stärke und Fürsorge – bilden zusammen die Integrität der Bauhütte. Das Zeichen der Kärntner Bauhütte steht für Alpha, also Anfang, und deutet gleicherweise auf ars, architectura und aedificium.
Die Kärntner Bauhütte setzt als Ausdruck und zur Verwirklichung ihres selbst gewählten Anspruchs historisch-wissenschaftliche und baulich-gestalterische Arbeiten um. Zwischen 2002 und 2013 erschienen fünf Broschüren zu den Themen mittelalterliches Bauen, Steinherkunft und Steinverwendung, Bauhütte und Ziegel. Im Untergeschoss der Landesinnung Bau Kärnten wurde zwischen 2002 und 2013 eine Raumfolge verwirklicht, die dem ideellen Fundament der Bauhütte einen baulichen, symbolträchtigen Rahmen gibt. Mit der Gestaltung und Einbindung der Veranstaltungshalle wurden die baulichen Arbeiten 2013 zu einem vorläufigen Abschluss gebracht. Alljährlich finden mehrere Veranstaltungen in der Bauhütte statt, wobei die Heranführung des Nachwuchses an eine selbstbewusste und selbstverständliche Pflege von Tradition sowie die Schaffung von Gemeinschaft im Mittelpunkt stehen.
Die Kärntner Bauhütte hat es sich zum Ziel gesetzt, den bauschaffenden Nachwuchs, Baumeisterinnen und Baumeister an den Beruf und seine Werte heranzuführen. Das Gestalten des baulichen Umfelds ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Umso wichtiger ist es, Baukultur als eine Verbindung von Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart zu begreifen. Das in jeder Hinsicht gelungene Werk soll den Baumenschen zu Recht mit Stolz und Freude erfüllen.
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